Monday, May 30, 2011

Du-Reform auf Deutsch!

Wie wäre es, wenn wir das Siezen im deutschsprachigen Raum abschaffen?

Und uns einfach alle Duzen und mit Vornamen anreden, so wie im Englischen?

Meiner Ansicht nach hätte das enorme Vorteile - um nur ein paar zu nennen:

  • Gespräche sind offener und direkter. Muss auf Höflichkeitsfloskeln Rücksicht genommen werden, wird oft um den heißen Brei geredet. Unter Duzpartnern kann Klartext geredet werden.
  • Gespräche sind entspannter. Warum gelten Amerikaner als entspannter verglichen mit Deutschen? Der kumpelhaftere Umgang miteinander und die Anrede mit Vornamen spielen sicherlich eine Rolle dabei.
  • Keine Unklarheiten mehr über die richtige Anrede. Wer war nicht schon einmal in einer Situation, in der nicht ganz klar war, ob man sein Gegenüber nun mit "du" anreden durfte oder nicht? Besonders kompliziert kann es werden, wenn man versucht, die direkte Anrede ganz zu vermeiden. 
  • Keine Konflikte, wenn Meinungsverschiedenheiten zum Thema Duzen herrschen. Schon einmal vom Vorgesetzten abgewatscht worden, weil man dem Kunden das "du" angeboten hat? Solche Auseinandersetzungen sind zeit- und nervenraubend und vollkommen nutzlos.
  • Wenn auf Englisch und Deutsch kommuniziert wird, z.B. in internationalen Geschäftsbeziehungen, müssen keine unterschiedlichen Anreden mehr verwendet werden: "Herr Müller" auf Deutsch, "Peter" auf Englisch. Dies vereinfacht die Kommunikation erheblich.
Ohnehin ist man doch heutzutage mit vielen Mitmenschen bereits per du:
  • mit Familienmitgliedern und Freunden
  • unter Schülern und Studenten
  • unter jungen Leuten (ca. unter 35)
  • in vielen Firmen, als Teil der Unternehmenskultur
  • in einigen Parteien (SPD, Grüne), Gewerkschaften und Vereinen
  • in der Kneipe, auf Festen ...
Also - wozu noch das "Sie"? Meine Ansicht nach ist das ein alter Zopf, den wir in den nächsten Jahren abschneiden sollten.

Was ist mit den Vorteilen des Siezens?

Selbstverständlich hat das Siezen auch Vorteile. Die Anrede mit dem förmlichen "Sie" schafft eine respektvolle Distanz, die in manchen Situationen durchaus gewünscht sein kann. Beispiele sind: Arbeitskollegen, insbesondere Vorgesetzte; Polizisten, Lehrer, Richter. Eine Beleidigung rutscht nicht schnell heraus, wenn man per "Sie" ist. 

Stimmt alles. Aber- im englischsprachigen Raum geht das alles auch, und zwar ohne das "Sie". Ein Richter wird mit "Your Honor" angesprochen, im Deutschen könnte man weiterhin "Herr Richter" sagen. Bei einem Polizisten, auf englisch mit "Officer" anzusprechen,  wird es schon etwas schwieriger: "Herr Wachtmeister" ist etwas altertümlich, "Herr Polizist" etwas ungewöhnlich. Aber auch da würde sich sicherlich die eine oder andere Formulierung durchsetzen. 

Und wenn eine Beleidigung nur deswegen nicht ausgesprochen wird, weil man sich gerade siezt, dann ist das doch eher ein Indikator für ein tiefersitzendes Problem. Offene und direkte Kommunikation, wie sie das Duzen fördert, lässt die Gesprächspartner diese ansprechen und lösen.


Wie ließe sich das umsetzen? 

Vermutlich nicht durch Erlass von Oben. Man erinnere sich an den enormen und vielschichten Widerstand gegen die Reform der deutschen Rechtschreibung, welche im Jahr 1996 durch die deutsche Kultusministerkonferenz eingeführt wurde. Schwer vorstellbar, dass die Bevölkerung für eine weitere Sprachreform per Regierungsdekret zu begeistern ist. Von den enormen Verwaltungskosten ganz zu schweigen.

Mein Vorschlag ist daher, die Idee einer "Du-Reform" von unten zu verbreiten und für Zustimmung zu werben - zum Beispiel durch:
  • T-Shirts, Mützen, Tassen etc. mit einem Logo für die "Du-Reform". Ein einfacher Aufhänger für ein Gespräch, sei es mit Kollegen, in der Straßenbahn, im Café ...
  • E-Mail Signatur, auch und insbesondere in der geschäftlichen Korrespondenz. Zum Beispiel so: 
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Peter Müller
Bereichsleiter Logistik 
- Ich befürworte die Du-Reform und lade meine Gesprächspartner ein, mich mit "du" anzusprechen. -

  • Verbreitung auf sozialen Netzwerken (Facebook, XING, StudiVz ...)
  • Ansprechen von Personen, die als Multiplikator wirken können: Schriftsteller, Journalisten, Lehrer, Professoren, Führungskräfte ...
Übrigens, die skandinavischen Länder Schweden, Dänemark, Finnland, Norwegen und Island haben eine Du-Reform in den 1960er und 70er Jahren erfolgreich durchgeführt.

Was hältst DU davon?

Feedback, bitte! Falls ich auf Zustimmung stoße, werde ich als nächsten Schritt eine Webseite www.du-reform.de einrichten und dann umgehend die erste Ladung T-Shirts und Tassen produzieren :-) . Ach ja, falls jemand künstlerisch begabt ist und ein Logo entwerfen will...

Also - Du-Reform, ja oder nein?